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Afrika: Ein Kontinent hungert
In 32 der 52 afrikanischen Staaten sind Millionen Menschen von einer Hungersnot bedroht. Die anhaltende Dürre ist nicht der einzige Grund für die Katastrophe.
Die afrikanischen Staaten, die wegen drohender Hungerkatastrophen Nothilfen brauchen, zählt Caroline Hurford, Sprecherin des UN-Welternährungsprogramms (WFP), schon gar nicht mehr einzeln auf. Betroffen seien 18 Millionen Menschen in elf Ländern Ostafrikas, 12 Millionen in sechs südlichen und 8,5 Millionen Menschen in 14 westlichen Ländern des Kontinents - insgesamt also knapp 40 Millionen Hungernde in 32 der 52 afrikanischen Staaten. Derzeit ist die Welthungerhilfe noch dabei, den genauen Bedarf zu ermitteln, doch erste Schätzungen gehen von 1,8 Milliarden Dollar aus.
Braune Äcker
Inzwischen hat die Krise auch weniger anfällige Länder erreicht. In Kenia, wo es zuletzt 1992 und 1984 Hungersnöte gab, sind nun im Osten des Landes 2,5 Millionen Menschen vom Tod bedroht. Jetzt, am Ende der Hauptregenzeit, müsste alles grünen und blühen - aber die Äcker sind braun, weil nichts aufgegangen ist, sagt Iris Krebber von der Deutschen Welthungerhilfe (DWHH) in Kenia. Seit Mitte 2004 hält die Trockenheit nun an. Die DWHH arbeitet in Kenia vor allem daran, in zwei Distrikten die Wasser- und Gesundheitsversorgung zu verbessern, gegenwärtig beteiligt sie sich jedoch an der Nahrungshilfe. Es ist ein Punkt erreicht, wo die kenianische Regierung die Katastrophe nicht mehr alleine eindämmen kann, sagt die Regionalkoordinatorin.
Kritiker haben der Regierung, die zu den korruptesten der Welt gehört, vorgeworfen, zu spät reagiert zu haben. Erst nachdem die Medien Bilder von abgemagerten Kindern und verendeten Tieren veröffentlicht hatten, schlug Nairobi Katastrophenalarm. Dürre ist nicht zu vermeiden, Hungerkatastrophen dagegen schon, sagt auch Iris Krebber. Zwar sei die Situation in Kenia, wo dürre Böden 70 bis 80 Prozent der Fläche ausmachen, nicht einfach, aber dennoch hätte Kenia das Potenzial, sich selbst zu ernähren. Doch es habe an Investitionen in die Infrastruktur und die Wasserversorgung gefehlt, sagt Krebber. Hinzu kommt, dass eine gut ausgerichtete Informations- und Schulungsarbeit notwendig wäre - die Bauern können einfach nicht mit dem Klimawandel Schritt halten.
Vernachlässigte Dörfer
Seit Jahren schon sei eine Vernachlässigung der ländlichen Regionen zu beobachten, erklärt Michael Brüntrup vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn. Wenn man dort nicht investiert, beraubt man einen Großteil der Bevölkerung der Möglichkeit, Krisen vorzubeugen. So sind dem Welternährungsprogramm zufolge die staatlichen Investitionen in den Agrarsektor in Afrika seit 1980 von zwölf auf vier Prozent gesunken.
Dies liege jedoch nicht nur an einer kurzsichtigen Politik der Regierungen, sondern auch an der subventionierten Konkurrenz aus Europa und den USA, sagt der Agrarökonom Brüntrup: Auf den Weltmärkten gab es in den vergangenen Jahren immer genügend Nahrungsmitteln zu sehr niedrigen Preisen. So versuche Kenia zwar, eine Milchindustrie aufzubauen, doch könne die Milch kaum gegen die EU-Milch konkurrieren. Inzwischen haben die Regierungen die Notwendigkeit, die Landwirtschaft zu fördern, jedoch zumindest erkannt: So beschlossen die in der die Afrikanische Union vertretenen Staaten vor zweieinhalb Jahren, zehn Prozent des ihres Haushaltes in die ländliche Entwicklung zu investieren.
Fehlende Bewässerungssysteme
Vor allem wäre der Aufbau von Bewässerungssystemen nötig, um den Trockenperioden ihre verheerende Wirkung zu nehmen. Doch große Bewässerungsprojekte seien in den siebziger und achtziger Jahren vielfach an den lokalen Gegebenheiten gescheitert und hätten zudem ökologische Probleme verursacht, sagt Brüntrup. Statt auf große Staudämme, die tausende von Hektar bewässern sollen, setze man inzwischen auf kleinere Projekte, die von einzelnen Dörfern verwaltet werden können
Viele Beobachter sehen die Nahrungsmittelhilfe in einigen Ländern als Teil des Problems. So hat die seit der Hungerkatastrophe von 1984 regelmäßig fließende Hilfe in Äthiopien - das sich 1998 einen blutigen Grenzkrieg mit Eritrea leistete - den Anreiz verringert, die eigene landwirtschaftliche Produktion zu verbessern. Inzwischen beschränke sich die Nahrungsmittelhilfe daher meist auf akute Katastrophen, sagt Michael Brüntrup.
Hunger durch Krieg
Ein kaum zu überschätzender Grund für die Ernährungssituation in Afrika sei Krieg, sagt Caroline Hurford vom WFP: Wenn bewaffnete Konflikte ausbrechen, ist davon auch die Arbeit der Bauern betroffen. Rund die Hälfte der 40 afrikanischen Staaten, in denen das WFP derzeit aktiv sei, seien in den vergangenen zehn Jahren Kriegsschauplätze gewesen. Zudem habe die Immunschwächekrankheit Aids in einigen Ländern einen verheerenden Effekt: Denn besonders stark seien Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren betroffen - also jene, die normalerweise auf den Feldern arbeiten würden.
Man könne Regierungen wie der kenianischen zwar vorwerfen, sie machten ihre Arbeit nicht, sagt Paul Bendix von Oxfam Deutschland. Aber: In Kenia gibt es - wie in vielen afrikanischen Ländern - einfach kein funktionierendes staatliches System. Da muss die Weltgemeinschaft einschreiten. Langfristig sei jedoch eine effiziente Regierungsführung und der Ausbau staatlicher Strukturen das beste Mittel, um Katastrophen vorzubeugen. So könne etwa Südafrika, wo es starke Strukturen gebe, deutlich besser mit der Trockenheit umgehen als andere Länder.
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